<p>Einzelhändler und Verbraucher reagieren mit Preisnachlässen und Premiumisierung auf die Krisen</p>
Umsatzrückgang im europäischen Markt für Verbrauchertechnologie und Gebrauchsgüter im Jahr 2022
Während der Pandemie investierten Verbraucher viel in die Ausstattung ihrer Wohnungen, beispielsweise in Küchenzubehör, Unterhaltungselektronik oder die Einrichtung ihres Homeoffices. Geld, das eigentlich für Urlaub und Reisen eingeplant war, stand nun zur Verfügung und wurde deshalb für den Komfort zu Hause ausgegeben – und zwar vermehrt für hochwertigere Produkte. Nach dem Ende dieses zweijährigen Ausnahmezustands kehren die Verbraucher nun wieder zu ihrem Vor-Corona-Ausgabeverhalten zurück. Der zunehmende Inflationsdruck trägt zudem dazu bei, dass Verbraucher ihr Einkaufsverhalten ändern, weshalb sich die Branche herausfordernden Zeiten gegenüber sieht.
Ein gewisser Grad an Kaufzurückhaltung ließ sich bereits in der zweiten Jahreshälfte 2021 feststellen, der sich 2022 noch einmal erheblich verstärkt hat. COVID-19 wirkte sich kaum noch auf das Verhalten der Käufer aus, aber das verfügbare Haushaltsbudget ist aufgrund der vielen Preissteigerungen deutlich zurückgegangen – und damit auch die Bereitschaft der Verbraucher, Geld auszugeben.
All dies führte dazu, dass der Umsatz für Verbrauchertechnologie und Gebrauchsgüter im europäischen Markt 2022 um 1 Prozent zurückgegangen ist. Dazu kommt ein außergewöhnlich hohes Umsatzniveau im Jahr 2021, da die Verbraucher Käufe vorgezogen haben. Eine Schlüsselrolle spielten zudem starke Lieferabhängigkeiten zwischen einigen Ländern Europas und Russland sowie die politischen Reaktionen der europäischen Länder, die stärker als in anderen Regionen der Welt waren und zu einem erheblichen Anstieg der Lebenshaltungskosten führten.
Die Bedeutung von Rabattaktionen und großen jährlichen Einkaufsereignissen ist im letzten Jahr in Europa deutlich gestiegen. So erreichten Sonderangebote 2022 einen neuen Höchststand; dieses Jahr fallen sie bisher aber noch niedriger aus als im Vorjahr. Aufgrund der nach wie vor sehr hohen Inflation ist jedoch eine Zunahme an Rabattaktionen im Verlauf des restlichen Jahres zu erwarten.
Der Umsatz im europäischen Markt für technische Gebrauchsgüter konsolidierte sich auf niedrigem Niveau: Im ersten Quartal 2023 ist im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres ein leichter Rückgang von 3 Prozent zu verzeichnen.
2021 war die Nachfrage nach Premium-Produkten und auch Premium-Marken im Markt für Technologie- und Gebrauchsgüter ein wesentlicher Wachstumstreiber. 2022 hat sich dieser Trend jedoch ein wenig verändert und führte zu einer Polarisierung auf dem Markt. Dank des starken Wachstums der Premium-Produktsegmente konnten Premium-Marken zulegen – auch wenn sich das Wachstum gegenüber dem Vorjahr verlangsamt hat. Gleichzeitig ist aber auch in Einstiegssegmenten ein Wachstum sichtbar, was vor allem auf die knapperen Budgets von Verbrauchern zurückzuführen ist.
In diesem Jahr spüren die Verbraucher nach wie vor die Preissteigerungen und wägen daher ihre Kaufentscheidungen sorgfältig ab. Entscheiden sie sich aber zum Kauf, suchen sie nach Optionen, die ihnen einen maximalen Nutzen bieten. Was dabei als „Nutzen“ zu verstehen ist, unterscheidet sich je nach Konsumentengruppe sehr. Verbraucher, die besonders stark von den steigenden Lebenshaltungskosten betroffen sind, wechseln nun zu preisgünstigen Marken oder warten auf Sonderangebote oder Rabatte. Verbraucher mit einem höheren verfügbaren Nettoeinkommen kaufen hingegen Premium-Produkte von Marken, die sie bereits kennen und denen sie vertrauen, oder sie greifen zu besonders hochwertigen Produkten.
Darüber hinaus ist zu beobachten, dass sich der Anteil an einkommensstärkeren Käufern im Markt für technische Konsumgüter erhöht. Aus unserer Plattform gfknewron Consumer wissen wir, dass sich ihr Anteil im letzten Quartal 2022 im Vergleich zu 2021 um 2 Prozent erhöht hat, wodurch das Wachstum in den Premium-Märkten zu erklären ist.
Insgesamt ließ sich in Europa bei den Marken im Premiumsegment ein Anstieg um 5 Prozent beobachten. Marken im Einstiegs- und mittleren Preissegment wiederum verzeichneten einen Rückgang von 9 bzw. 3 Prozent. Dies ist insbesondere auf die Kategorien Telekommunikation, Verbraucherelektronik und Fotografie zurückzuführen. Über die betrachteten europäischen Länder hinweg bestehen jedoch deutliche Unterschiede – abhängig vom Grad der Marktsättigung für technische Konsumgüter und der Auswirkungen der steigenden Lebenshaltungskosten. Diese reichen von einem Wachstum von 38 Prozent in Griechenland bis zu einem Rückgang um 16 Prozent in Schweden.
Außerdem lässt sich feststellen, dass Produkte mit innovativen Funktionen weiterhin Wachstum verzeichnen. Verbraucher sind nach wie vor bereit, mehr für Produkte zu bezahlen, die ihnen einen Mehrwert bieten.
Diese hochwertigeren Produktfeatures bieten den Verbrauchern neben einer hohen Leistung oftmals auch smartere Konnektivität, mehr Komfort und Multifunktionalität. Vor allem Staubsaugerroboter mit automatischer Absaugstation (+31 Prozent), Heißluftfritteusen (+95 Prozent) und Waschmaschinen mit Trocknerfunktion (+1 Prozent) verzeichnen Wachstum (Daten der Entwicklung beziehen sich auf Q1/2022 vs. Q1/2023).
Auch Nachhaltigkeit ist ein sehr wichtiges Thema und ein zusätzlicher Premium-Faktor. Verbraucher erkennen, dass energieeffiziente Produkte nicht nur besser für die Umwelt, sondern oft auch für ihren Geldbeutel sind. So nahmen Waschmaschinen mit Energieeffizienzklasse A im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum ersten Quartal 2022 beispielsweise um 61 Prozent zu, während Kühlschränke mit Energieeffizienzklasse C im selben Zeitraum einen Anstieg von 45 Prozent verzeichneten.
Diese Produkte sind deshalb so erfolgreich, da sie es den Verbrauchern trotz der anfänglich höheren Ausgaben ermöglichen, mittel- bis langfristig Geld zu sparen und die Energiekosten zu senken. Das ist ein Vorteil, den mehr und mehr Verbraucher für sich entdecken und der dazu führt, dass sie bereit sind, für diese Kosteneinsparung anfangs höhere Ausgaben in Kauf zu nehmen. Innovation und Nachhaltigkeit gehen hier also Hand in Hand, um den sich verändernden Erwartungen der Verbraucher gerecht zu werden.
Nach drei Jahren der Krise sieht sich der Handel in Europa erheblichen Herausforderungen gegenüber. Während die Verbraucher aufgrund der höheren Preise im Lebensmittelsektor zu günstigeren Alternativen greifen, wächst der Absatz bei Premium-Technologieprodukten gleichzeitig weiter.
Der Wunsch, sich selbst etwas Gutes zu tun und nachhaltige, hochwertige Produkte zu kaufen, bleibt in Europa auch während der Krise bestehen und wächst weiter an. Selbst in Ländern mit einem hohen FMCG-Ausgabenanteil und zweistelligen Inflationsraten verzeichnet der Premium-Sektor weiterhin Wachstum, während der Kauf von Produkten im Einstiegssegment nach hinten verschoben wird und einkommensschwächere Gruppen tendenziell weniger kaufen.