<p>Inflationstreiber FMCG</p>
Die Schweizer verfügten 2022 mit jährlich 41.758 Euro pro Kopf über eine der höchsten Kaufkräfte der 42 europäischen Länder und mit 5.748 Euro pro Kopf hatten sie auch absolut gesehen die höchste Sortimentskaufkraft für FMCG. Dagegen stand den Bulgaren nur eine durchschnittliche Kaufkraft von 6.667 Euro zur Verfügung, von der sie 1.851 Euro für Lebensmittel und Drogerieartikel aufbringen mussten. Während also die Schweizer nur 13,7 Prozent ihrer Kaufkraft für FMCG ausgaben, wendeten die Bulgaren im Durchschnitt 27,8 Prozent ihrer Kaufkraft für diese Produktkategorie auf.
Europaweit zeigte die GfK-Studie bei der regionalen Verteilung der Sortimentskaufkräfte in Europa 2022 die höchste Nachfrage nach FMCG-Produkten in Luxemburg mit 7.810 Euro und die niedrigste mit 387 Euro in der südöstlichen Türkei.
Die Aufwendungen für FMCG in Europa schwankten zwischen 27,8 Prozent in Bulgarien und 12 Prozent in der kaufkraftstärksten Region im Vereinigten Königreich. Auch in der wohlhabenden Schweiz fanden sich Regionen, in denen die Konsumenten einen größeren Anteil ihres Haushaltsbudgets in FMCG investierten als in den weniger kaufkraftstarken Nachbarländern. So lag der Ausgabenanteil in der Region Berner Jura bei 16,6 Prozent der Kaufkraft, und damit höher als die nur 12,6 Prozent, die ein Haushalt am Starnberger See in einer der wohlhabendsten Regionen Deutschlands für FMCG aufwenden musste. Diese Beobachtung folgt dem ökonomischen Gesetz, dass in der Regel mit steigendem Einkommen die prozentualen Ausgaben für Lebensmittel einen geringeren Teil der Gesamtausgaben eines Haushaltes ausmachen.
Neben den Ausgaben für Lebensmittel und Drogerieartikel nahmen auch die Energiekosten einen hohen Anteil der zur Verfügung stehenden Kaufkraft der Europäer in Anspruch. Im harmonisierten Verbraucherpreisindex der Europäischen Statistikbehörde 2022 wurden die Ausgaben für Strom, Gas und Kraftstoffe mit 10,7 Prozent der Gesamtausgaben angegeben. Die Belastung der Haushalte durch Energiekosten variiert innerhalb der europäischen Länder jedoch stark. In Lettland betrugen die Ausgabenanteile 19,1 Prozent, in Deutschland 9,7 Prozent und in der Schweiz sogar nur 5,5 Prozent.
Die höheren Ausgabenanteile für Lebensmittel und Drogerieartikel sowie die stärkere Abhängigkeit von importierten Energieträgern und Lebensmitteln führten dazu, dass in vielen kleineren Ländern und Ländern mit niedriger Kaufkraft die Inflationsrate für FMCG stärker bei den Konsumenten spürbar war. Während der Schweizer Sonderweg mit Importsteuern und einem daher generell hohen Preisniveau zu einem sehr moderaten Preisanstieg von 4,1 Prozent für FMCG geführt hat, mussten die Verbraucher in Rumänien und Ungarn Preiserhöhungen von 22,8 Prozent bzw. 37,8 Prozent für FMCG verkraften (Januar 2022 zu April 2023).
Der Preisanstieg in Ungarn hat dabei nahezu komplett den Anstieg der Kaufkraft im Jahr 2022 kompensiert. Als Reaktion wurden die Lebensmittelpreise von der ungarischen Regierung eingefroren. Die Konsumenten reagierten trotzdem mit einer starken Kaufzurückhaltung und dem Griff zu preisgünstigeren Alternativen. Auch 2023 verharrt die Inflationsrate in Ungarn auf einem hohen Niveau, sodass die Maßnahmen dort bis Mitte des Jahres verlängert wurden (János Kui – GfK Retail Expert Hungary / Marketing Resolution Kft).
Die Verbraucher reagieren dabei sehr unterschiedlich auf die Entwicklung. So steigt im FMCG-Bereich in Deutschland seit langem erstmals wieder der Anteil der Kunden, die preisorientiert einkaufen, bei gleichzeitigem Rückgang der Anzahl der Kunden, die überwiegend auf Qualität achten.
Der Handel im Tech-Sektor (Elektrohaushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, Informations- und Kommunikationstechnik und Foto) ist nach Zahlen von Eurostat deutlich weniger von Inflation und Preissteigerungen betroffen. Während in Estland die Inflation im FMCG-Sektor bei 27 Prozent lag, weist das Land im Tech-Bereich eine Preissteigerung von 15 Prozent auf. Im europäischen Durchschnitt stiegen die Preise um 4,2 Prozent an. Die Schweiz und Bulgarien verzeichneten sogar sinkende Preise. Nichtsdestotrotz reduzierten sich die Anteile des Haushaltsbudgets, das die Menschen für Tech reservierten, in den EU-27 Ländern im vergangenen Jahr um fast 5,7 Prozent.