<p>Einzelhandelsumsatz trotzt der Krise</p>
Nach über zwei Jahren der Pandemie konnten Verbraucher 2022 endlich wieder etwas aufatmen: Die Einschränkungen durch das COVID-19-Gesetz mit der dazugehörenden Maskenpflicht und die 2G- und 3G-Zugangsregeln wurden gelockert oder gar ganz abgeschafft, was die Konsumenten wieder vermehrt für einen Einkaufsbummel begeisterte.
Auch die Touristen sind wieder zurück und die Frequenz in den Innenstädten nähert sich langsam dem Vor-Corona-Niveau an. Dies bestätigt der um rund 6,5 Prozent auf 2,83 Billionen Euro gestiegene Einzelhandelsumsatz in Europa im Jahr 2022.
Nominell verzeichnete der Einzelhandelsumsatz 2022 zwar einen Zuwachs – diese Entwicklung war jedoch überschattet durch den Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe und eine Kaufzurückhaltung, die durch Inflation und die Sorge der Konsumenten um die weitere wirtschaftliche Entwicklung getrieben wurde.
Die Spannweite der Veränderungen zwischen den einzelnen Ländern Europas war dabei markant. In Skandinavien etwa konnten die Einzelhändler in Finnland nur ein Umsatzplus von drei Prozent verbuchen, in Schweden hatten sie mit minus 1 Prozent sogar leichte Einbußen. Passend dazu ermittelte GfK in Schweden und Finnland 2022 eine durchweg niedrigere Kaufbereitschaft als im europäischen Vergleich.
Starke Anstiege des Einzelhandelsumsatzes waren dagegen vor allem in Osteuropa zu verzeichnen, angeführt von der Slowakei mit 23 Prozent. Insgesamt wiesen alle östlichen Nationen ein Wachstum des Einzelhandelsumsatzes von mindestens 9 Prozent auf, was auf die Inflation und insbesondere auf erheblich gestiegene Lebensmittelpreise zurückzuführen war sowie sicherlich in Teilen auch auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine.
Europaweit zeigten sich zudem regionale Unterschiede in Bezug auf die Entwicklung der Ausgabenstruktur nach den verschiedenen Sortimentsbereichen: In West- und Zentraleuropa sind die Einzelhandelsumsätze im Nonfood-Bereich stärker gewachsen als bei den Fast Moving Consumer Goods (FMCG), also den Lebensmitteln und Drogeriewaren. Endlich war es nach den Corona-Einschränkungen und dem bequemen, aber nicht immer reizvollen virtuellen Einkaufserlebnis der Online-Shops wieder möglich, Einkäufe beim entspannten Bummeln vor Ort zu tätigen. Im Schnitt sind die Ausgaben im Nonfood-Bereich in den EU-27 Ländern um 6,8 Prozent gestiegen, wovon insbesondere der Bekleidungseinzelhandel profitiert hat.
In den Nationen Osteuropas übertrafen die Steigerungsraten im FMCG-Bereich die Wachstumsraten im Nonfood-Segment teils um ein Vielfaches und lagen in den jeweiligen Ländern deutlich über dem Durchschnittswachstum der EU-27 von 6,9 Prozent. Den größten Anstieg hatte die Slowakei mit 38 Prozent zu verzeichnen. Dabei waren für das starke Umsatzwachstum bei den Gütern des Grundbedarfs in den betroffenen Ländern vor allem die durch Lieferengpässe und steigende Rohstoffkosten inflationär getriebenen Preise ausschlaggebend.
Die diversen Krisen haben 2022 bei der Bevölkerung wie auch im europäischen Markt ihre Spuren hinterlassen und gleichzeitig aber auch gezeigt, wie vereint Europa sein kann. Die inzwischen langsam wieder abflachende Inflation lässt zudem eine leicht positive Prognose für die Zukunft und das Einzelhandelsjahr 2023 zu.
Umsatz des Einzelhandels in EU-27 im Jahr 2022
Umsatz des FMCG-Einzelhandels in EU-27 im Vergleich zu 2021